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Neue Auflagen für Kreuzfahrtschiffe in Norwegen: Konsequenzen, Risiken und Chancen

Insgesamt 217 der gewaltigen schwimmenden Hotels laufen in diesem Jahr in der Urlauberhochburg Geiranger sowie im benachbarten Hellesylt an - mit allem, was dazu gehört: Lärm, Touristenmassen und vor allem Abgasen. Damit sich in den norwegischen Fjorden die Luftqualität verbessert, gelten seit März 2019 strenge Umweltauflagen für Kreuzfahrtschiffe.

Copyright: MSC Rights

Die Kreuzfahrtindustrie ist für das 200-Seelen-Dorf Geiranger enorm wichtig. Sie sorgt für Arbeitsplätze und eine lebendige Region. Doch der Verkehr verschmutzt die Luft und das Wasser in den Fjorden. Die "Luftqualität" entspricht an manchen Tagen der einer Großstadt wie Oslo und nicht selten ziehen dicke braune Wolken über Wasser und Land, das zum Teil zum UNESCO-Welterbe gehört. Die Regierung musste handeln: Seit März gelten im Geirangerfjord sowie im Nærøyfjord, Aurlandsfjord, Sunnylvsfjord und Tafjord strenge Umweltauflagen für Kreuzfahrtschiffe: Die Grenzwerte für Schwefel- und Stickoxide werden peu á peu herabgesetzt bis 2026 gar keine schädlichen Abgase mehr freigesetzt werden und, eigentlich sowieso eine Selbstverständlichkeit, ist es ab sofort verboten, Abwässer aus den Schifftoiletten in den Fjorden zu verklappen. Auch der Antrieb mit Schweröl soll bald Geschichte sein.

Keine Chance für schädliche Abgase und Toilettenabwässer

Doch die neuen Gesetze haben Konsequenzen. Besonders Schiffe, die vor 2000 gebaut worden sind, entsprechen nicht den Anforderungen und dürfen demnach bald nicht mehr in den Fjorden kreuzen. Die Folge: wirtschaftliche Einbußen für weite Teile und unterschiedliche wirtschaftliche Bereiche der Umgebung. Wenn beispielsweise die MSC Meraviglia (65 Meter hoch, 19 Stockwerke) anlegt, strömen bis zu 6000 Passagiere in Restaurant und Shops. Die Liegegebühr für wenige Stunden im Hafen beträgt allein 18.000 Euro. Sollten ab 2026 wirklich nur noch strom- oder wasserstoffbetriebene Schiffe zugelassen sein, scheiden faktisch alle Kreuzfahrtschiffe aus und ein Millionenmarkt bräche zusammen.

Die Reedereien haben mit dennoch mit der Umrüstung begonnen. Bis Ende 2021 sollen alle MSC-Kreuzfahrtschiffe, die mit Schweröl betrieben werden, mit hybriden Abgasreinigungssystemen ausgestattet sein. Diese reduzieren den Schwefelgehalt in den Emissionen um 98 Prozent. Darüber hinaus bekommen künftig alle Schiffe ein System zur Reduzierung der Stickoxid-Emissionen, wie der Konzern erklärt. Die Reederein hoffen, dass sich die Null-Emission-Forderung nicht durchsetzen wird. Denn dieses Ziel ist selbst bei größten Anstrengungen nicht zu erreichen: Geiranger wäre dann für die MSC Meraviglia absolute Tabuzone.

Lösungen, mit denen alle leben können, sind gefordert

Einige Gemeinden suchen bereits nach anderen Lösungen: Gemeinsam mit den Reedereien wird überlegt, ob die großen Schiffe außerhalb des Fjordes liegen und die Passagiere mit Elektrobooten in den Ort gebracht werden könnten. Denn die Beteiligten wollen mit allen Mitteln verhindern, dass die Urlauber über Landwege, etwa mit Bussen, in die Region reisen. Auch jetzt herrscht bereits während der Hochsaison Chaos auf den viel zu engen Serpentinen. Und der Bau neuer Straßen ist nicht geplant. Der Bürgermeister von Geiranger fordert hingegen eine Gleichberechtigung von See- und Landverkehr: Auch Autos, Busse und Co. sollen künftig emissionsfrei unterwegs sein, wenn sie in seine Gemeinde reisen wollen.